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Buch der Akkorde

Es war einmal ...

story

...ein kleiner Junge (ich) in den späten sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends. Durch viel Fleiß hatte er sich 10 Taler (Mark der deutschen Notenbank) gespart und wollte sich einen großen, unbezähmbaren Wunsch erfüllen. Ein guter Freund (Günther) steuerte weitere 10 Taler bei und eine gute Fee (meine Mutter) schenkte den beiden 44 Taler dazu.
So konnten beide in die große Stadt (Quedlinburg) fahren (mit dem Fahrrad) und in einem Musiktempel (Laden in der Clara-Zetkin-Straße) ein Instrument auswählen. Der gute Freund sagte: "Nimm die da, die ist schön flach; die sieht dann fast so aus wie eine E-Gitarre von den Stones oder Beatles!" Das war natürlich beknackt, denn eine Wanderklampfe mit einem kleinen flachen Korpus klingt nicht besonders gut.
Das wussten die beiden damals aber noch nicht.
Sie blätterten ihre 64 Taler im Musikalien-Tempel auf den Tresen, der gute Freund hatte noch die glorreiche Idee, eine Stimmflöte für einen Taler hinzu zu nehmen ("Wir wissen doch sonst gar nicht, wie wir sie stimmen sollen!"); die Gitarre wurde in eine goldene Schatulle (zementsackartige Papiertüte) gepackt und zurück ging es, nach hause über Stock und Stein (Lagerweg, die Papiertüte mit der Gitarre auf dem Gepäckträger des Fahrrads).
An der kleinen Brücke, bevor man unter dem Bahndamm hindurch fährt, hielten beide an und der kleine Junge (wieder ich) nahm die Gitarre in die Hand. Beide Jungen bemühten sich redlich, eine Saite nach der anderen nach dem Klang der Stimmflöte auszurichten. Dann schlug der kleine Junge (immernoch ich) alle Saiten auf einmal an (strumming): "Klingt Scheiße! Das machen wir anders!".
Und damit nahm das Unheil seinen Lauf...

..denn ich habe es ein für alle Mal verbockt, richtig Gitarre spielen zu lernen. Es verliert sich im Dunkel der Geschichte, ob es Günther war oder ich selbst, der ganz einfach zwei Saiten von der Gitarre entfernte und die restlichen in einem E-Dur Dreiklang stimmte. Letztendlich hat es sich so entwickelt, dass die tiefe E-Saite auf der Gitarre verblieb und die 3 oberen (nominell die g-, h- und hohe e-Saite) um zwei Positionen nach unten gespannt und als Gis-, H- und hohes e gestimmt wurden. Die A- und die D-Saite wanderten in den Müll.
(Falsch: Da ich grundsätzlich nichts wegwerfen kann, finden sich im Musikkeller in sämtlichen Schubfächern ungebrauchte A- und D-Saiten zu hauf...)

Eine in dieser Art und Weise gestimmte Gitarre (egal ob akustische oder Elektrogitarre) klingt im allgemeinen etwas "dünner" als eine herkömmliche Gitarre mit 6 Saiten (Hat aber nichts mit einer Ukulele zu tun!). Der entscheidende Vorteil dieser E-Dur-Akkord-Stimmung liegt jedoch darin, dass sich Akkord-und Harmonielehre sehr einfach darstellen lassen.
Auf der tiefen E-Saite lässt sich relativ einfach eine Bass-Linie spielen, die durch Picking auf den drei oberen Saiten ergänzt werden kann. Herkömmliche Pickingkonzepte auf sechssaitigen Gitarren funktionieren so ähnlich.

Vor einigen Jahren habe ich die Stimmung modifiziert und die tiefe und die hohe E-Saite von der Gitarre herunter genommen, die restlichen vier Saiten um eine Position "nach links" gerückt und eine Stimmung H-d#-f#-h (H-Dur-Dreiklang) vorgenommen. Diese Stimmung ist besser geeignet, Solopassagen zu spielen, weil kein Sprung zwischen der tiefsten Saite und den übrigen Saiten wie bei der oben beschriebenen Stimmung besteht. Der Nachteil ist allerdings, dass sich beim Picking die Basslinie nicht mehr so schön hervorheben lässt. Ich nenne diese Stimmung "enge" (H-)Stimmung gegenüber der oben beschriebenen "weiteren" (E-)Stimmung. Da die Gitarre in H gestimmt ist, lässt sie sich auch verwenden, um Stücke (die z.B. der Sänger nicht (mehr) bezwingt) nach unten zu transponieren. Ich verwende diese Stimmung zum Beispiel bei dem Titel "Love The One You're With".

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